EGV Mediathek »Umweltgeschichte«

Eschweiler Kulturlandschaft; Rundgang um Eschweiler in die Innenstadt, von Nord-Nordost im Uhrzeigersinn

Text
Die Topographie der Eschweiler Kulturlandschaft im annähernd kreisrunden Stadtgebiet gliedert sich in drei Typen:

Börde
Die nördlichen Stadtteile sind Teil einer Bördenlandschaft. Der für diese natürliche Landschaftsform bereits typisch geringe Baumbestand hat schon durch das Plentern, vor allem jedoch unter der Industrialisierung, die mit der preußischen Agrarreform im 19. Jahrhundert (hier insbesondere mit der Gemeinheitsteilung) eingeleitet worden ist, und mit dieser durch die Braunkohleförderung völlig abgenommen und die fruchtbaren und ursprünglich welligen Niederungen sind schließlich durch den Braunkohle-Großtagebau, den großzügigen Straßenbau und die intensive, industrielle Agrarwirtschaft massiv verändert worden. Natürlich entstandene Bodenformen und Fließgewässer und die kulturhistorisch gewachsene Landschaft sind einer ebenen Industrielandschaft gewichen, wobei infolge des Braunkohletagebaus auch Ortschaften ganz untergangenen sind. Abgerundet wird diese weitestgehend intensiv argrarwirtschaftlich geprägte Landschaft durch den »Blaustein-See« bei Dürwiß. Beim »Blaustein-See« handelt es sich um ein Restloch des Braunkohlebergbaus, das mit Sümpfungswasser aus dem benachbarten Tagebau Inden verfüllt worden ist. Der angestrebte Pegelstand wird indes seit Befüllung nicht gehalten, sodass dieser künstliche See nach gegenwärtigen Studien noch bis in das Jahr 2060 stetig nachbefüllt werden muss. Im Gespräch sind hierzu auch wasserführende Pipelines aus der Eifel. Der »Blaustein-See« wird als Freizeit- und Erholungsbetrieb bewirtschaftet.

Indetal
Die regulierte, bei Weisweiler teils renaturierte Inde verläuft quer durch das Stadtgebiet. Auf den früheren, reichen Eschenbestand der ursprünglichen Auenlandschaft des Indetals geht der Name Eschweiler zurück.
Die Verstädterung des Indetals ging von einem nördlich der Inde, durch Überflutungswiesen hochwassergeschützen fränkischen Herrenhof aus. Im 18. Jahrhundert wurden Juden die sumpfigen Überflutungswiesen außerhalb der Ortsbefestigung zur Ansiedlung zugewiesen. Aufgrund der dort rasch einsetzenden Prosperität wurde das Stadtgebiet unmittelbar bis an das Indeufer ausgedehnt, und ab der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurden die gegenüberliegenden sumpfigen Wiesen südlich der Inde trocken gelegt und für den Bau der Neustadt erschlossen, wodurch nun auf beiden Seiten der Inde eine ständige Hochwassergefahrenlage geschaffen wurde. Nördlich der Inde nach Westen entstand spätestens im Spätmittelalter langgestreckt an der Mühlenstraße das historische Oberdorf. Dieses Oberdorf wurde mit der sogenannten Stadtsanierung und dem damit primär verbundenen Bau der Indestraße Anfang der 1960er-Jahre vollständig beseitigt. Zwar erscheint die Eschweiler Innenstadt heute noch langgestreckt an der Inde verlaufend, die weitere Stadtsanierung bis 1986 jedoch hat den historischen Grundriss der Stadt und ihre Beziehung zur Inde vollständig aufgehoben. In der städtebaulichen Entwicklung erscheint die Inde nunmehr als störendes Element an den Rand unproportionaler Großbauten gedrängt in einem betonierten Bett.

Voreifellandschaft
Der Süden des Stadtgebiets liegt in der Voreifellandschaft und ist durch natürliche und künstliche Höhen, Feld- und Wiesenflächen und etwas Wald charakterisiert. Künstliche Höhen sind aus dem Steinkohlebergbau wie im Eschweiler Stadtwald der »Schwarze Berg« oder aus dem Braunkohle-Tagebau wie die Halde »Nierchen« (seit 1998 Windpark-Nutzung) als Außenkippen aufgeschüttet worden. In diesem Gebiet war es seit vorrömischer Zeit schon zu Bergbau und entsprechenden Aufschüttungen gekommen. So schloss die Aktiengesellschaft Eschweiler Bergwerks-Verein kurz nach Inbetriebnahme 1880/84 ihre dortige Erzgrube »Zur Guten Hoffnung«, weil man auf ein bereits ausgebeutetes Feld mit teils 2.000 Jahre alten Stollen, die bis ins Wehetal reichten, gestoßen war.

Teile des Probsteier Waldes bei Röhe (Steinbachshochwald), deren Gedeih durch den Galmei-Bergbau (Glücksburg) bis heute in Mitleidenschaft gezogen sind, wurden 1935 an Stolberg abgetreten. Der Probsteier Wald war ursprünglich kirchlicher Besitz (Kölner Domstift), der auch sozial (Gemeinheit) genutzt wurde, später in das Eigentum der Industrie, das des Eschweiler Bergwerks-Vereins überging. 1946 erhob das belgische Militär Anspruch auf weiteste Flächen des Waldes auf Eschweiler Gemeindegebiet, die seit 1996 zum Bundesvermögen gehören. Ein der Stadt Eschweiler eigenes Stück (Camp Astrid bei Glücksburg) wurde 2004 an die Stadt Stolberg verkauft, die damit ihren Gewerbepark abrundet. Die Bundesvermögensverwaltung verwehrt der Bevölkerung weitestgehend den Zutritt. Versuche zu Verhandlungen mit der Bundesvermögensverwaltung, den restlichen Probsteier Wald in Gemeindeeigentum zu veräußern, alternativ auch an eine gemeinnützige Genossenschaft, um ihn der Bevölkerung zugänglich zu machen, führten bisher zu keinem Ergebnis. Hinderungsgrund ist u.a. die Entgiftung des Waldes von Altlasten. Hierzu wird wohl auf eine industrielle Nutzung zugewartet, aus der sich eine Entgiftung kapitalistisch rechnet. Die ökologisch-ökonomische Bedeutung von Wald, etwa im Zuge der Gewässerwirtschaft, spielt offenbar keine Rolle in diesen Überlegungen. Aber auch der Gemeindewald im Süden der Stadt an der Grenze zu Stolberg ist von der Industrie beträchtlich in Mitleidenschaft gezogen. So ist dem Gemeindewald z.B. die schwere Vergiftung mit Schwefelsäure im 19. Jahrhundert heute noch anzusehen.

Text und Bildlegenden: Haro von Laufenberg