Zur Herkunft des Ortsnamens Eschweiler
von Haro von Laufenberg
Von Ascvilare zu Eschweiler
Eschweiler als Ortsname wird uns nach dem Stand der Forschung erstmalig aus der mittellateinischen Literatur greifbar. Nämlich für das Jahr 828 als Ascvilare aus dem Werk des fränkischen Geschichtsschreibers Einhard, Translatio et Miracula Sanctorum Marcellini et Petri. Wie der Titel besagt, handelt es sich um einen Bericht über die Überführung der Reliquien des Priesters Marcellus und des Exorzisten Petrus Martyr von Rom ins hessische Seligenstadt, wobei damalige Translationsberichte üblicherweise Wunder-Erzählungen enthalten haben, worin hier nun Eschweiler gestreift worden ist.
Die Schriftsprache des frühen bis hohen Mittelalters war Latein, genauer: Mittellatein. Die Qualität von Schriftstücken hing mithin sehr von der Gelehrsamkeit des Schreibers ab. Dies umso mehr, als die Schriftsprache der Urkunden am Ende des Hochmittelalters und im Spätmittelalter mehr und mehr in die landesübliche Muttersprache überging. Eine Orthografie dafür kannte das Mittelalter nicht und man schrieb, wenn nun nicht lateinisch, weitestgehend so wie man sprach und das war die am Ort vorherrschende Sprache, heute würde man sagen: Dialekt. Eine Hochsprache, so wie unser heutiges Deutsch, musste sich erst noch herausbilden. Dem König Heinrich I., genannt der Vogeler, etwa, wird nachgesagt, dass er sächsisch gesprochen hat und die Verständigung bei Hofe mit Franken, Schwaben und Bayern recht mühsam gewesen ist. Im späten Mittelalter noch wird solcherart deutlich: Vergleicht man Urkunden verschiedener Rechtskreise, so weisen die der Hofkanzleien und Universitäten eine höhere sprachliche Qualität auf, als die aus niederen Rechtskreisen. Hier konnte es vorkommen, dass am selben Ort zur selben Zeit gar vom selben Schreiber ein und derselbe Name unterschiedlich geschrieben wurde. Zudem war die Kunst des Schreibens im Verlauf des Mittelalters und in die Neuzeit hinein nicht allzu sehr verbreitet. Noch heute kennt die Bundesrepublik rund sieben Millionen zumindest funktionale Analphabeten. Deshalb griff man damals insbesondere in den Städten und auf dem Lande auch auf Schreiber von außerorts oder zugewanderte Schreiber zu, die dann das, was sie hörten, mehr oder weniger nach ihrer Fasson niederschrieben und denen zum Beispiel die Diphthongierung im Rheinland gänzlich unbekannt sein konnte. Hinzu kam die Lebendigkeit der Sprache und damit eine Umlautung und Abschleifung von Worten im Laufe der Jahrhunderte. Dies erklärt, warum in der Schriftsprache aus Ascvilare schließlich Eschweiler geworden ist.
Die Mitglieder des EGV haben einmal aus den Quellen zusammengetragen, wie sich die Schreibweise des Namens Eschweiler solchermaßen verändert hat:
Eschweiler als Ortsname wird uns nach dem Stand der Forschung erstmalig aus der mittellateinischen Literatur greifbar. Nämlich für das Jahr 828 als Ascvilare aus dem Werk des fränkischen Geschichtsschreibers Einhard, Translatio et Miracula Sanctorum Marcellini et Petri. Wie der Titel besagt, handelt es sich um einen Bericht über die Überführung der Reliquien des Priesters Marcellus und des Exorzisten Petrus Martyr von Rom ins hessische Seligenstadt, wobei damalige Translationsberichte üblicherweise Wunder-Erzählungen enthalten haben, worin hier nun Eschweiler gestreift worden ist.
Die Schriftsprache des frühen bis hohen Mittelalters war Latein, genauer: Mittellatein. Die Qualität von Schriftstücken hing mithin sehr von der Gelehrsamkeit des Schreibers ab. Dies umso mehr, als die Schriftsprache der Urkunden am Ende des Hochmittelalters und im Spätmittelalter mehr und mehr in die landesübliche Muttersprache überging. Eine Orthografie dafür kannte das Mittelalter nicht und man schrieb, wenn nun nicht lateinisch, weitestgehend so wie man sprach und das war die am Ort vorherrschende Sprache, heute würde man sagen: Dialekt. Eine Hochsprache, so wie unser heutiges Deutsch, musste sich erst noch herausbilden. Dem König Heinrich I., genannt der Vogeler, etwa, wird nachgesagt, dass er sächsisch gesprochen hat und die Verständigung bei Hofe mit Franken, Schwaben und Bayern recht mühsam gewesen ist. Im späten Mittelalter noch wird solcherart deutlich: Vergleicht man Urkunden verschiedener Rechtskreise, so weisen die der Hofkanzleien und Universitäten eine höhere sprachliche Qualität auf, als die aus niederen Rechtskreisen. Hier konnte es vorkommen, dass am selben Ort zur selben Zeit gar vom selben Schreiber ein und derselbe Name unterschiedlich geschrieben wurde. Zudem war die Kunst des Schreibens im Verlauf des Mittelalters und in die Neuzeit hinein nicht allzu sehr verbreitet. Noch heute kennt die Bundesrepublik rund sieben Millionen zumindest funktionale Analphabeten. Deshalb griff man damals insbesondere in den Städten und auf dem Lande auch auf Schreiber von außerorts oder zugewanderte Schreiber zu, die dann das, was sie hörten, mehr oder weniger nach ihrer Fasson niederschrieben und denen zum Beispiel die Diphthongierung im Rheinland gänzlich unbekannt sein konnte. Hinzu kam die Lebendigkeit der Sprache und damit eine Umlautung und Abschleifung von Worten im Laufe der Jahrhunderte. Dies erklärt, warum in der Schriftsprache aus Ascvilare schließlich Eschweiler geworden ist.
828 | Ascvilare | 12. Jh. | Eschwilre | 1490 | Eschwillre (Schöffensiegel) | ||
888 | Aschwilra | 1226 | Aschwilre, de Ascwilre | 1491 | Eßwilre | ||
930 | Ascwilra | 1244 | Eschwilre | 1550 | Eswylre | ||
966 | Aschwilra | 1246 | de Eschwilre | 1563 | Eschwiller (Schöffensiegel) | ||
1150 | Ascwilre | 1362 | Eyschwilre | 1628 | Eschweilera supra Ingam sita |
Ab dem 14. Jahrhundert findet sich überwiegend die Schreibung E(y)schwi(y)lre und der Zusatz [Eschweiler …] tzo ynden, up (uff) de(r) Ynden, an der Inden, ad Indam oder indensis (für »an der Inde«) ist gebräuchlich.
Ab dem 16. Jahrhundert findet sich überwiegend die Schreibung Eschwei(y)l(l)er.
Wortbedeutung des Namens Eschweiler
Ascvilare ist eine Wortzusammenziehung: asc – vilare.
Asc und die eventuelle Umlautung Esch dürften auf germanisch askiz, althochdeutsch asc für Esche, den Baum, zurückgehen.[1] Nach anderer, im älteren Schrifttum verbreiteter und dann wieder rezipierter Darstellung soll ascvielmehr auf ein keltisches Wasserwort zurückgehen, was der Kritik indes nicht standhält.[2] Hier mögen solche Erwägungen nicht allzu schwer wiegen, denn die Esche ist aufgrund der hohen Konkurrenzkraft der im Rheinland häufig vorkommenden Buche in Waldgesellschaften überwiegend auf feuchten Böden wie in Auenwäldern anzutreffen. Wir dürfen also davon ausgehen, dass die Namensgebung Ascvilare bzw. Eschweiler auf einen beeindruckenden Eschenbestand und eben deswegen – nicht zuletzt an der Inde gelegen – auf eine feuchte Gegend hinweist.
Vilare nun geht auf lateinisch villa zurück, wobei der im Frühmittelalter gebrauchte Terminus villa im Gegensatz zur architektonischen Bedeutung in der Antike eine beachtliche Bedeutungsvielfalt inne hat, die von der bäuerlichen Hofstelle bis zur dörflichen Siedlungsgemeinschaft reicht. Zur Unterscheidung entstand im Mittellateinischen der merowingischen Zeit die Ableitung vilare (villare, villaris, vil(l)arium) als Bezeichnung für ein kleines Dorf mit Gemarkung, das zu einem Fronhofsverband, also einem Herrenhof gehörte. Daraus ist über althochdeutsch wilâri und mittelhochdeutsch wîler unser heutiges Wort »Weiler« entstanden.[3]
Zusammenfassend bezeichnet Eschweiler also eine kleine bäuerliche Siedlung, die der Gerichtsbarkeit eines Herrenhofs untersteht und deren Lage sich durch einen auffälligen Bestand an Eschen, mithin in einer feuchten Landschaft auszeichnet.
Rechtsbedeutung der Siedlung Eschweiler
Diese dem Namen bereits innewohnende Rechtsqualität findet sich in den Quellen bestätigt. Zwar erheben die Franzosen 1800 Eschweiler zur Mairie, zu einer Bürgermeisterei, die mehrere Ansiedlungen verwaltungstechnisch zusammenfasst, und damit zur Kantonsstadt und errichten 1808 das Friedensgericht in Eschweiler, doch erst die Anforderungen der Schwerindustrie im Aachener Revier, der frühesten Industrieregion Deutschlands, bescheren Eschweiler nachhaltig die Selbständigkeit als Stadt. Als was Eschweiler bis dahin als Rechtseinheit betrachtet worden ist, dazu haben die Mitglieder des EGV aus den Quellen zusammengestellt:
828 | mlat. fundus regiu »Königsgut« | 1616 | Vest »befestigter Ort, Flecken« | |
888 | mlat. villa »Landgut« | 1618 | Ort, Stadt; Stedtlein | |
930 | mlat. locus »Ort, Platz« | 1638 | villagio »Dorf« | |
1226 | mlat. curtis, umfriedeter Hof, Ort eines Hofgerichts | 1639 | Freiheit (Minderstadt mit eingeschränkten Rechten) | |
1244 | mlat. villicatio »Fronhof« | 1646 | Hochheit | |
1354 | hoeve »Hof« | 1686 | Flecken und Gemeinde (zu Eschw.) | |
1364 | dorpe »Dorf« | 1716 | Marckflecken | |
1419 | dinkmaele, kirspel »Kirchspiel« | 1718 | Gemeinde | |
1478 | dorff ind herlichkeit | 1734 | schlechtes »schlichtes« Städtgen, Flecken | |
1584 | Flecken | 1761 | nlat. communitas »Gemeinde« | |
1584 | Vestung »befestigter Ort, Flecken« | 1858 |
[1]Vgl. Heinrich Marzell: Wörterbuch der deutschen Pflanzennamen. Nachdr. der Ausg. bei Hirzel, Köln: 2000. Bd. 2 Sp. 487.
[2]In der älteren Literatur war die Rückführung auf keltische Wurzeln besonders beliebt, vgl. z. B. Carl Friedrich Riecke: Der Volksmund in Deutschland; »Sonst« und »Jetzt«. Nordhausen: 1865. Im Übrigen vgl. die Rezensionen von Rudolf Schützeichel in Blätter für deutsche Landesgeschichte 101 (S. 343) und Heinrich Wesche im Niederdeutschen Jahrbuch 89 (S. 181 – 191) zu »Deutschlands geographische Namenswelt« von Hans Bahlow, das noch 2005 in 18. Auflage erschienen ist.
[3]Jan Frederik Niermeyer et al.: Mediae latinitatis lexicon minus. Darmstadt: 2002. Vol II p. 1438. — Matthias Lexer: Mittelhochdeutsches Handwörterbuch. Nachdr. der Ausg. bei Hirzel, Stuttgart: 1992. Bd. 3 Sp. 888.